Spritzmaschinenhydraulik
Motrac Hydraulics hat das Hydrauliksystem für die Spritzmaschinen von unter anderem Agrifac und Amazone entwickelt. Hierfür war jedoch weit mehr als nur eine einfache Hydraulikpumpe notwendig. Die Systeme sind genau aufeinander abgestimmt und mit optimal harmonierenden Komponenten ausgestattet, um eine höchstmögliche Effizienz und Wirtschaftlichkeit zu erzielen.
Motrac Hydraulics bietet Systemlösungen auf dem Gebiet der Hydraulik für kleinere bis mittelgroße Hersteller (siehe TREKKER 325). Zu ihrem Kundenkreis zählen unter anderem Agrifac und Amazone. Für die selbstfahrenden Spritzmaschinen dieser Hersteller entwickelte Motrac die Hydraulik einschließlich des hydrostatischen Antriebs. Der prinzipielle Aufbau beider Maschinen war ursprünglich identisch, jedoch gehen die beiden Marken bei der Entwicklung bereits seit langer Zeit ihren eigenen Weg. Dies trifft auch auf das Gebiet der Hydraulik zu, denn bei Motrac arbeiten mehrere Ingenieure völlig unabhängig an den beiden Ausführungen.
Die Selbstfahrspritzen des Typs Agrifac Condor bieten Behältervolumen zwischen 3.400 Litern und 8.000 Litern bei Gestängebreiten von 24 bis 51 Metern. Die kleineren Maschinen haben eine Motorleistung von 205 PS oder 282 PS, die größeren Maschinen bieten unglaubliche 320 PS. Als Spritzpumpe stehen eine Zentrifugalpumpe mit einer Förderleistung von 700 l/min oder eine Doppelmembranpumpe mit einer Förderleistung von 560 l/min zur Auswahl.
Die Pflanzenschutzspritzen des Typs Amazone Pantera bieten ein Behältervolumen von 4.500 Litern bei Gestängebreiten von 21 bis 40 Metern. Die Motorleistung der Pantera-Spritzen beträgt 218 PS. Als Spritzpumpe kommt bei den Pantera-Spritzen eine Doppelmembranpumpe mit einer Förderleistung von 530 l/min zum Einsatz.
Beide Maschinen verfügen über ein schwingendes Tandemgestell mit individueller Radfederung. Dieses speziell für Spritzmaschinen entwickelte Fahrgestell bewirkt, dass die Fahrzeugbewegungen nicht auf das Spritz- bzw. Sprühgestänge übertragen werden. Der Vierradantrieb, die einstellbare Spurbreite und die Höhenverstellbarkeit tragen zur außerordentlichen Vielseitigkeit des Fahrgestells bei.
Keine Komponente der Spritzmaschinen wird mechanisch angetrieben, der Dieselmotor ist lediglich mit einigen Hydraulikpumpen verbunden. Hierbei handelt es sich sowohl um einstellbare Pumpen, als auch um Zahnradpumpen einer bestimmten Leistung pro Umdrehung. Welche Pumpe für welche Aufgaben vorgesehen ist, ist bei den beiden Marken recht unterschiedlich.
Offen oder geschlossen
Die Pumpen können in offenen oder geschlossenen Hydraulikkreisläufen eingesetzt werden. Der Fahrantrieb kann beispielsweise durch einen geschlossenen Kreislauf geregelt werden. Dies hat den Vorteil, dass sich die Effizienz bzw. die Wirtschaftlichkeit im Vergleich zum offenen Kreis erhöht, weil weniger Ventile und Einschränkungen in Kauf genommen werden müssen. Darüber hinaus kann aufgrund der Eins-zu-Eins-Kupplung an den Dieselmotor die kinetische Energie beim Bremsen direkt zum Motor zurückgeleitet werden. Dies ist bei einem offenen System nicht möglich. In diesem wird die kinetische Energie beim Bremsen in Wärme umgewandelt. Hierdurch werden viel größere Ölmengen benötigt. Mit einem geschlossenen Hydraulikkreislauf kann man folglich viel kompakter bauen. Agrifac kann seine Spritzmaschinen mit AirFlowPlus-Luftunterstützung liefern. Diese funktioniert mit hydraulisch angetriebenen Ventilatoren, die auf dem Spritz- bzw. Sprühgestänge angebracht sind. Hierfür hat Agrifac neben dem für den Fahrantrieb bestimmten Hydraulikkreislauf ein zweites geschlossenes System mit einer zusätzlichen Regelpumpe (bei geschlossenem Kreislauf) entwickelt. Die übrigen Ölkreisläufe der Spritzmaschine sind offene Kreisläufe.
Motrac Hydraulics baut die vollständig vormontierte, in seiner Niederlassung in Baak (Provinz Gelderland, ehemalige IMAV) eigenentwickelte und selbst zusammengestellte Zapfwelle mit den notwendigen Ventilen und der hierfür erforderlichen Verteilertechnik ein. Diese Zapfwelle kann direkt an den Motor geflanscht werden. Bei einem seiner Kunden führt Motrac diese Arbeiten auch direkt vor Ort durch, wobei die Kombination aus Zapfwelle und Dieselmotor als ein kompletter Bausatz an den Kunden für dessen Produktionsanlagen geliefert wird. Die elektronische Steuerung der Pumpen montieren die Kunden selbst.
Untenstehend ist ein möglicher Aufbau eines Hydrauliksystems für selbstfahrende Feldspritzen dargelegt:
1
Die erste Pumpe hinter dem Motor ist die Fahrpumpe. Es handelt sich hierbei um eine Hydraulikpumpe von Linde, Modell HPV. Das Fördervolumen ist regelbar und hängt von der Größe der Maschine ab. Es liegt wahlweise bei 165 cc oder bei maximal 210 cc. Auf der unteren Druckseite (Rücklauf) wird Öl zum Kühler ausgeleitet. Der auf der Pumpe befindliche Verteiler leitet den Ölstrom in die vier Radmotoren. Der Arbeitsdruck beträgt maximal 420 bar.
2
Die zweite Pumpe läuft bei konstantem Druck und liefert das Öl für alle Verbraucher wie beispielsweise den Antrieb. Sie ermöglicht die Einstellung der Spurbreite, das Herausklappen der Spritz- bzw. Sprühgestänge usw. Wenn eine Pumpe mit konstantem Druck eingesetzt wird, ist für den Antrieb, der stets Druck benötigt, keine Prioritätsschaltung notwendig. Außerdem können standardmäßige Magnetventile verwendet werden. Auch hier kommen Linde-Pumpen zum Einsatz, nämlich die Modelle HPR 55 oder 75 mit einer maximalen Förderleistung von 55 cc oder 75cc.
3
Die dritte Pumpe ist eine Linde MPR50. M steht hierbei für Mitteldruck und 50 für das regelbare Fördervolumen. Diese Pumpe ist für den Antrieb der Spritzpumpe verantwortlich. Das Besondere an dieser Pumpe ist, dass sie auf 0 cc bei 0 bar zurückgesetzt werden kann. Dies ist längst nicht mit allen in einem offenen Hydraulikkreis eingesetzten Verstellpumpen möglich. Hierdurch geht keine Energie verloren, wenn die Spritzpumpe nicht läuft. Zudem besteht bei dieser Pumpe keine Druck-Differenz zwischen dem Pumpendruck und dem Lastdruck (LS Druck-Differenz von ca. 25 bar). Hierdurch kann Energie eingespart werden.
4
Am Ende der Zapfwelle befinden sich zwei Zahnradpumpen mit gleichbleibendem Fördervolumen. Die erste von ihnen sorgt für den Speisedruck. Der Speisedruck wiederum ist notwendig für die Befüllung und Erneuerung der Flüssigkeiten im geschlossenen System, um den Fahrantrieb und die Ausleitung der Hydraulikflüssigkeit in den Kühler zu ermöglichen sowie für den Antrieb der MPR 50, die ihrerseits die Spritzpumpe antreibt. Die hintere Pumpe mit einem ebenfalls konstanten Fördervolumen sorgt für den Antrieb des Lüfters für den Kühler.
5
Alle Öl-Rückläufe der offenen und geschlossenen Systeme werden zusammengeführt und gelangen sodann gefiltert und gekühlt in den Öltank. Ein kleiner separater Verteiler ist für die entsprechende Verteilung dieser Flüssigkeiten verantwortlich. Dieser Verteiler kann an einer gut zugänglichen Stelle montiert werden, sodass alle Verbraucher auf einfache Weise angeschlossen werden können. Die effektive Ölfördermenge im System liegt bei ca. 120 Litern. Der Trend geht derzeit dahin, diese Mengen immer weiter zu reduzieren. Dies geht jedoch unter anderem auch ein wenig zu Lasten der Erneuerungsintervalle.
6
Auch die Radmotoren stammen von Linde. Durch zeitgleiches Schwenken der Pumpe und der Fahrmotoren kann eine hohe Zugkraft beim Anfahren erzeugt werden und bietet das System stets die höchstmögliche Effektivität. Das System verfügt über eine Antirutschregulierung, wodurch ein Differential überflüssig ist. Auf jedem Radmotor ist ein Drehzahlsensor angebracht. Sollte eines der Räder an Zugkraft oder Haftung einbüßen, so registriert der Sensor dies und die Elektronik veranlasst den Motor, zurückzuschwenken, nötigenfalls sogar bis in die Nullstellung. Hierdurch gewinnen die anderen Motoren zusätzliche Zugkraft. Durch die Elektronik ist ferner geregelt, dass die Geschwindigkeit nicht zunimmt, dies durch eine etwaige Drosselung der Pumpe.
Quelle: Monatsblatt ‘Trekker’, Ausgabe vom Februar 2016
Text: Arend Jan Blomsma
Illustrationen: Motrac Hydraulics
Fotos: Agrifac, Amazone